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22.04.2021

BNN: Stadtkloster wächst mit viel Glas ins Grüne

BNN Karlsruhe,Sonntag, 17. April 2021, Seite 3

Die Ausbaupläne im Dammerstock wecken neben Vorfreude auch nostalgische Wehmut
Von unserem Redaktionsmitglied Kirsten Etzold

Stadttauben gurren, in den blühenden Obstbäumen summen Bienen. Vom Turm der Kirche St. Franziskus schlägt es die volle Stunde. Hinter einem Fenster über der Essenausgabe der Obdachlosenküche klappert und klopft es. In dem Gebäude am Sperberweg wird eine Mahlzeit vorbereitet. Ansonsten ist es himmlisch still im Klostergarten mitten in der Stadt.

"Wir werden den Garten und den Klosterhof besser nutzen können als bisher."
Hans-Jörg Krieg, Priester in St. Franziskus

"Unser Klostergarten ist in seiner Unberührtheit ein unschätzbares Kleinod."
Christine Tichy, ehrenamtliche Rosenpflegerin

Wo die Alb Dammerstock und Weiherfeld trennt, fahren Autos auf der Nürnberger Straße am Kirchenportal vorbei. Familien schätzen den Spielplatz am Ufer neben der Brücke. „Rechts der Alb“ heißt das Sträßchen daneben. Es soll im Lauf des Jahres 2022 zu einer der markantesten Adresse der Karlsruher Katholiken werden.

Die Pläne für das Stadtkloster St. Franziskus haben die Priester Thomas Ehret und Hans-Jörg Krieg sowie Norbert Burkardt, langjähriges Mitglied des Pfarrgemeinderats und des Stiftungsrats, schon oft gezeigt und erklärt. Damit wecken sie durchaus Vorfreude in der Kirchengemeinde. Einige Menschen reagieren aber auch mit Wehmut. Eine bange Frage ist, wie viel verloren geht von dem großen Garten. Ist es ein großer Teil der rundum durch eine Hecke geschützten grünen Idylle südlich des Kirchturms, der für das Ausbauvorhaben weichen muss?

Gelegentlich, auch in Leserbriefen an die BNN, wird zudem immer wieder von neuem gefordert, das Grundstück in Zukunft nicht mehr kirchlich zu nutzen. Das ist aber vom Tisch. Der Wettbewerb für den Ausbau der kirchlichen Anlage zu einem modernen Stadtkloster ist entschieden, der Architekt ausgesucht, die Finanzierung steht.

Es geht um den Umbau der weitgehend leer stehenden Klosteranlage aus den Jahren ab 1930, die Neuordnung des Zugangs, den Bau neuer Funktionsbereiche sowie eines Meditationsraums im Klostergarten für Gruppen bis zu 20 Menschen. Der Entwurf mit viel Glas und Holz wirkt betont transparent. Der Neubau bleibt niedrig, er wird jenseits der Hecke kaum sichtbar sein. Kosten darf all das maximal neun Millionen Euro. Träger des Stadtklosters St. Franziskus wird die Gesamtkirchengemeinde, die Dekan Hubert Streckert leitet. Der Dekan, Krieg und Pfarrer Thomas Ehret als Leiter der Seelsorgeeinheit Alb-Südwest, zu der die Pfarrei St. Franziskus gehört, bilden die Steuerungsgruppe.

Pfarrgemeinderatsmitglied Norbert Burkardt erinnert sich an 1975. „Bis dahin kam hier gar niemand rein“, sagt er und lässt den Blick schweifen. Benachbarte Bürger haben Bienenstöcke an die blühenden Obstbäume gestellt. Über Gras, Gänseblümchen und Löwenzahn ranken Reben an einem Bogengang und einem pavillonartigen Rondell. Zwei Rosenbeete dämmern wärmeren Tagen entgegen, davor recken sich Tulpen in die Sonne. Ein ehemaliges Kräuterbeet ist mit den letzten sechs Kapuzinermönchen verschwunden.

Christine Tichy gehört zu den Menschen, die ehrenamtlich in dem Garten arbeiten. Sie pflegt das Rosenbeet im Klosterhof, in dem auch die Edelrose „Gloria Dei“ (lateinisch für „Ehre sei Gott“) blüht. Erst vor ein paar Wochen hat die Frau aus der Enzstraße zum ersten Mal die Pläne für die Umgestaltung gesehen. Sie ist entsetzt: „Für mich und sicher auch einige andere, die in unserer Gemeinde leben und groß geworden sind, sind diese Baupläne ein Schlag ins Gesicht.“

„Eine Modernisierung und Sanierung sowie eine erweiterte Nutzung der Kirche und des Klosters ist sicher richtig und wichtig“, sagt Tichy. Aber eine Bebauung zerstöre unwiderruflich die einzigartige Atmosphäre und das Charisma des Gartens. „Unser Klostergarten ist in seiner Unberührtheit ein unschätzbares Kleinod, das es zu bewahren und zu erhalten gilt“, findet die Kritikerin. Er sei Lebensraum vieler Tiere, „die wir ganz im Sinne unseres Namenspatrons, des Heiligen Franziskus, schützen sollten.“

Tatsächlich werden drei Bäume fallen, erklärt Ehret. Der Nussbaum vor der Essenausgabe sei aber beim Besuch von Fachleuten des städtischen Gartenbauamts schon durch starken Trockenstress aufgefallen, ebenso der alte Kirschbaum, der sogar auf den Satellitenbildern digitaler Kartendienste erkennbar ist, gleich neben dem markanten Wegkreuz des ältesten Klostergartenteils. Auch eine dicke Weide in der Nordwestecke des Gartens wird gefällt.

Die große Obstwiese hingegen bleibt unangetastet. „Wir werden durch die neue Gliederung den Garten, den Klosterhof und den neuen Vorplatz besser nutzen können als bisher“, ist Krieg überzeugt. Besonders auf einen Weg, der sich zwischen dem Garten und dem Neubau entlangschlängeln wird, freut sich der Priester: „Das wird ein sehr meditativer Ort.“

 

 

 


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