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04.02.2015
BNN: Deutsche Bahn und die „Dammerstocker Kurve“: Bis in die 60er Jahre rollten die Güterzüge
Badische Neueste Nachrichten | Karlsruhe | KARLSRUHE | 04.02.2015
Deutsche Bahn und die „Dammerstocker Kurve“: Bis in die 60er Jahre rollten die Güterzüge
Anwohner sind über Pläne nicht begeistert
Franzosen nutzten Gleis intensiv
Von unserem Redaktionsmitglied Theo Westermann
„Das hat uns gerade noch gefehlt!“ Die ältere Dame, Anwohnerin der Akazienstraße in der Hardecksiedlung, blickt direkt von ihrem Gartenzaun auf die Trasse der Pfalzbahn und kommentiert damit die Neubaupläne der Deutschen Bahn. Direkt vor ihrem Haus verlief bis in die 60er-Jahre eine weitere Eisenbahntrasse, vorzugsweise für den Güterverkehr genutzt. Erkennbar ist in der Tat noch der alte Bahndamm neben dem bestehenden Damm, auch wenn er völlig überwuchert ist. Wer genauer unter dem Gestrüpp nachforscht, kann auch noch Gleisteile finden. Ebenerdig zur heutigen Akazienstraße lag einst auch noch ein zusätzliches Abstellgleis. Die Dame erinnert sich noch gut an zahlreiche Güterzüge, vor allem voller Panzer und Container. „Da hat nachts das Haus gewackelt,“ erinnert sie sich. Sie hätten hier damals in den 50er-Jahren nur gebaut, weil der damalige OB Günther Klotz versprochen hatte, dass diese Güterzug-Gleise wegkommen – wie es ja dann auch geschah. Die Neubaupläne der Deutschen Bahn, dieses einstige Gleis als Güterzugverbindung von der Pfalz in Richtung Süden wieder zu reaktivieren, finden ihre entschiedene Gegenwehr, sagt sie mit allem Nachdruck.
Im Stadtplan von 1943 ist das einstige Verbindungsgleis zwischen Bahnhof-West und der nach Forchheim führenden Bahnlinie noch nicht eingezeichnet – aber bereits im Stadtplan von 1948 (siehe nebenstehenden Kartenausschnitt). Die Trasse führte am Bulacher Friedhof vorbei, dann am Oberfeld entlang und dann auf die aus dem Dammerstock kommenden Gleise. Sie liefert damit das historische Vorbild für das von der Deutschen Bahn geplante Projekt, um den Güterzugverkehr aus der Pfalz in Richtung Süden auszubauen. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Trasse gebaut, um damit den von Luftangriffen immer wieder lahmgelegten Karlsruher Hauptbahnhof und Güterbahnhof zu umgehen. Nach dem Zweiten Weltkrieg leistete dieses kurze rund 1 200 Meter lange Verbindungsstück der französischen Besatzungsmacht gute Dienste. Denn sie mussten ihre „Zonenteile“ Pfalz und Südbaden miteinander verbinden, wollten aber nicht den von den US-Amerikanern besetzten Hauptbahnhof passieren – bekanntlich war Karlsruhe mit Nordbaden/Nordwürttemberg amerikanische Besatzungszone. Das Verhältnis der Besatzungsmächte war sowieso angespannt, mussten doch die Franzosen das von ihnen absprachewidrig besetzte Karlsruhe bereits kurz nach Kriegsende räumen und den Amerikanern überlassen. Wichtig war für die Franzosen die Strecke auch deshalb, um ihre Garnisonen in der Pfalz mit den Garnisonen in Südbaden zu verbinden, was den Materialtransport anging.
In den 60-Jahren, als der Verkehr auf den Straßen deutlich zunahm und das Karlsruher Straßennetz massiv ausgebaut wurde, schlug das letzte Stündlein der Trasse. Als die Pulverhausstraße ausgebaut und der Autobahnzubringer nach Ettlingen errichtet wurde, wurden die Gleise herausgerissen. Bis zum Bau der Straßenbahn nach Oberreut wurde es als Abstellgleis benutzt. In Oberreut am Ende der Oberfeldstraße kann man mit ein wenig Fantasie auch noch die einstige Trassen erkennen, die hier dann auf die Gleise nach Forchheim geleitet wurde. Überlebt hat das Gleis zumindest in der Aktenlage, nämlich im aktuellen Flächennutzungsplan des Nachbarschaftsverbandes. Dort ist die Trasse weiterhin eingezeichnet, beziehungsweise frei gehalten.
Was ist überhaupt der große Hintergrund für die Planung einer „Dammerstocker Kurve: Um bis 2030 die Kapazitätszuwächse im Güterverkehr zwischen Rotterdam und Genua bewältigen zu können, baut die Deutsche Bahn derzeit die rechtsrheinische Strecke vierspurig aus. Zwischen Graben-Neudorf und Karlsruhe stößt dies aber auf erhebliche Schwierigkeiten. Bleibt die Strecke dort weiter zweigleisig, entsteht ein Kapazitätsengpass, der aus Sicht der Bahn dringend beseitigt werden muss und zwar mit einem Bypass über Germersheim und Wörth. Sie hat deshalb die Dammerstocker Kurve für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Eine „Grobplanung“ nennt die Bahn ihr bisheriges Vorgehen.

DER STADTPLAN VON 1948: Gut erkennbar ist die Trasse zwischen Oberfeld und Bulach, wie sie auf die Hauptstrecke geleitet wird. Foto: BNN

DER EINSTIGE BAHNDAMM ist rechts neben den aktuellen Gleisen bei der Hardecksiedlung noch zu erkennen. Foto: jodo
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