Anmelden

Mitteilungen aus Weiherfeld-Dammerstock

Aktuell Archiv Veröffentlichen Abonnieren

< zurück

08.01.2022

BNN: Indisches Restaurant Bombay Palace in Karlsruhe-Weiherfeld gibt auf

BNN Karlsruhe, Samstag, 8. Januar 2022, Seite 25

Von BNN Mitarbeiter Philipp Kungl

Pächter des Bombay Palace im Weiherfeld gibt nach neun Jahren auf / Neuer Betreiber ist bereits gefunden

Eigentlich ist Kewal Krishan Sharma ein lebensfroher Mensch. Einer, der sich über den Kontakt mit seinen Gästen freut. Der auch mal einen lockeren Spruch auf den Lippen hat. Doch zurzeit ist dem Gastronomen nicht nach Lockerheit zumute: Nach neun Jahren hat der 66-Jährige sein beliebtes indisches Restaurant Bombay Palace im Stadtteil Weiherfeld-Dammerstock schließen müssen – und das nicht wegen seines Alters. „Die letzten zwei Jahre mit Corona haben mich seelisch fertig gemacht. Ich kann nicht mehr“, sagt Sharma. Die Lockdowns, ständig wechselnde Verordnungen und zuletzt die 2G-plus-Regel hätten zu immer weniger Gästen im Bombay Palace geführt, das mit seiner Lage mitten im Wohnviertel ohnehin kaum Laufkundschaft anzieht.

"Zwei Jahre mit Corona haben mich seelisch fertig gemacht."
Kewal Krishan Sharma, Chef des Bombay Palace

Kewal Krishan Sharma hat sein Lokal wegen Corona geschlossen. „Ich kann nicht mehr“, sagt der 66-Jährige.
Kewal Krishan Sharma hat sein Lokal wegen Corona geschlossen. „Ich kann nicht mehr“, sagt der 66-Jährige. Foto: Kewal Krishan Sharma
 

 

Der Liefer- und Abholservice habe zwar am Wochenende ganz gut funktioniert. „Aber das Vor-Ort-Essen mit Getränken kann das nicht ersetzen.“

Doch Sharma gab nicht auf, arbeitete tagsüber in einer Chemiefabrik – um abends dann in seinem leeren Lokal auf Gäste zu warten. „Es war langweilig, einfach nichts los“, erzählt der gebürtige Inder, der seit 42 Jahren in Karlsruhe lebt. Immer mehr Geld musste er aus eigener Tasche für die Pacht aufbringen, immer belastender wurde die Situation für ihn und seine Frau. Bis Sharma im Dezember schließlich die Reißleine zog.

Jetzt erinnert nur noch das Restaurant-Schild mit dem orientalischen Tempel an das indische Lokal, das sich allen Widrigkeiten zum Trotz viele Jahre erfolgreich im Stadtteil gehalten hat. Sharma denkt gerne an die besseren Zeiten vor der Pandemie zurück. Als er zwar keine Unsummen mit dem Bombay Palace verdiente, aber gut von den Einnahmen leben konnte. „Ich hatte keine Schulden, konnte die Pacht immer pünktlich bezahlen“, betont der 66-Jährige. Ordentlich Geld in die Kasse spülten seinerzeit die Touristen: Ganze Busse mit hungrigen Reisenden aus Indien machten in der Neckarstraße Halt. „Manchmal kamen zwei, drei Busse pro Woche“, erinnert sich der Gastronom. 60, 70, auch mal 120 Gäste stürmten dann den großen Raum des Bombay Palace – und fuhren nach nur 30 Minuten indisch verköstigt weiter.

Doch auch diese Haupteinnahmequelle, die Kooperationen mit Reiseveranstaltern, hat die Pandemie zunichte gemacht. Dass es das Bombay Palace jetzt nicht mehr gibt, darunter leiden laut Sharma vor allem die treuen Stammgäste. Einige wollten unbedingt das eine oder andere Rezept haben. So etwa eine Familie, die nicht auf ihre geliebten gelben Linsen verzichten möchte. „Die habe ich jetzt zu mir nach Hause eingeladen“, erzählt Sharma und lächelt. Den Kontakt mit langjährigen Gästen will er halten. „Ich bin gesund und fit und habe ja jetzt Zeit“, sagt der Inder, der sich in Karlsruhe nach wie vor „pudelwohl“ fühlt.

Und wie geht es mit dem Restaurant weiter? Mit Nematullah Ahmadi wurde bereits ein neuer Pächter gefunden. Der 33-jährige Afghane lebt seit sieben Jahren in Deutschland – und träumt schon lange vom eigenen Lokal.

Nematullah Ahmadi (33) übernimmt das Bombay Palace im Weiherfeld. Das Lokal heißt dann wieder Weiherhof wie früher.
Hereinspaziert: Nematullah Ahmadi führt das Lokal unter dem Namen Weiherhof fort. Es soll am 15. Januar eröffnen.

Zusammen mit seiner Partnerin, die bereits Erfahrungen in der Gastronomie gesammelt hat, wagt er nun den Schritt in die Selbstständigkeit und kehrt zumindest namentlich zur Tradition des Gebäudes zurück: Das Restaurant soll wieder Weiherhof heißen und am 15. Januar eröffnen. Die Einrichtung konnte teilweise vom Vorgänger übernommen werden, einige Restarbeiten stehen aber noch aus. „Wir setzen sowohl auf das Essen vor Ort, als auch das Abholgeschäft“, sagt Ahmadi, der den Stil seines Lokals als „Multi-Kulti“ bezeichnet. Pizza und Döner soll es geben, aber auch russische Pelmeni (gefüllte Nudelteigtaschen) oder Palau, ein traditionelles Reisgericht aus Afghanistan mit Lamm und Gemüse. Für den Sommer will der 33-Jährige die Terrasse umgestalten, dort auch Eis verkaufen.

Die Neugierde in der Nachbarschaft wurde vom Treiben vor und im Lokal schon geweckt. „Viele Leute fragen uns: Wann macht ihr endlich auf?“, erzählt Ahmadi, dem vor den Herausforderungen in der Pandemie nicht bange ist. „Ich denke, dass wir hier eine erfolgreiche Zukunft haben“, sagt er. Dass das Restaurant weitergeführt wird, darüber freut sich auch Joachim Hornuff. „Das ist eine gute Nachricht“, sagt der Vorsitzende des Bürgervereins Weiherfeld-Dammerstock. „Es gibt ja sonst nicht viel Gastronomie in unserem Stadtteil.“ Neben dem Weiherhof existiert nur noch das gehobene italienische Restaurant Erasmus im Dammerstock.

Allzu weit müssen die Einwohner aber nicht fahren, um ihren Hunger zu stillen: Außerhalb der Stadtteilgrenzen schließen sich in der Anlage des Kleingartenvereins Weiherfeld mit dem Elsternest (ungarische Spezialitäten) und dem Gartenzwerg (griechische Küche) gleich zwei Lokale mit Biergarten an. Gegenüber dem Ortseingang an der Ettlinger Allee bietet die Vereinsgaststätte Alte Post ebenfalls Kulinarisches aus Griechenland. Und unweit des nahegelegenen Rüppurrer Freibads hat dieser Tage Kühners Wirtshaus eröffnet.

Service

Das Restaurant Weiherhof in der Neckarstraße 32 soll am 15. Januar den Betrieb aufnehmen. Regulär geöffnet (sofern coronabedingt keine frühere Sperrstunde) ist das Lokal dann Montag bis Donnerstag von 10 bis 0 Uhr, Freitag und Samstag von 10 bis 1 Uhr und an Sonntagen von 12 bis 22 Uhr.


Die Geschichte des Weiherhofs

Ein Haus mit Kino: Den historischen Aufzeichnungen des Bürgervereins Weiherfeld-Dammerstock zufolge wurde das Gebäude in der Neckarstraße 32 im Jahr 1926 fertiggestellt. Schon damals als Weiherhof bekannt, war es bis in die 1960er Jahre im Eigentum der Brauerei Schrempp. So lange befand sich im Anbau des Gasthauses auch das Kino Metropol. Danach war dort ein Einkaufsmarkt zu finden, den es heute nicht mehr gibt.

Gastronomie hat Tradition: Von Beginn an beherbergte der Weiherhof Gastronomie. Erster Pächter war bis 1940 Georg Himmelmann, nach dem Zweiten Weltkrieg wechselten die Wirte mehrfach. Meistens lief das Lokal unter dem Namen Weiherhof. In der jüngeren Vergangenheit war dort auch einige Jahre das chinesische Restaurant Lim beheimatet, vor dem Bombay Palace mit indischer Küche gab es im Weiherhof Balkan-Spezialitäten. pku

 

 

 


Kommentare


Kommentieren

Um Kommentare einzugeben, müssen Sie sich anmelden.

Email facebook twitter